Hand(s)out

Handlinien und Schriftproben

Wie dieses Projekt entstand

Es war einmal ein vorweihnachtliches Fotoshooting in der Linzer Innenstadt. Ein Linzer Fotograf hatte die kreative Idee, uns gegenseitig in Geschäftsauslagen stehend zu portraitieren. Auf einem der dabei entstandenen Bilder hielt er seine linke Hand an die Glasscheibe.

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Als ich das Foto am Monitor betrachtete, zoomte ich mich aus Neugierde in seine Handfläche und entdeckte ein markantes Linienkreuz, das ich genau an dieser Stelle auch in meiner Hand gut kenne und war plötzlich sehr überrascht, belustigt und neugierig. Ich hatte das Gefühl, einen absolut intimen, geheimnisvollen Bereich seines Körpers fotografiert zu haben, den man unter normalen Umständen nicht wirklich in Ruhe betrachten und analysieren kann.

Es kam ein leichtes Gefühl von Peinlichkeit in mir auf, meine Beobachtungen erschienen mir etwas voyeuristisch. Würde ich darin zu lesen verstehen, hätte er mir mit dieser unbewussten Geste – dem Griff an die Glasscheibe – vielleicht ganz unfreiwillig seine ganze Persönlichkeit offengelegt. Wem zeigen wir schon unsere Handflächen, wenn wir nicht ausdrücklich dazu aufgefordert werden? Wer interessiert sich schon für sie, abgesehen von jenen, die gelernt haben, darin zu lesen, die allerdings einer meist nicht sehr anerkannten Berufsgruppe oder sozialen Schicht zugeordnet werden, wie Pseudo-Esoteriker, Zigeuner, Scharlatane?

Händen insgesamt schenkt man ja durchaus viel Aufmerksamkeit, aber die Innenflächen bleiben meist für uns verborgen. Lohnt es sich, sie genauer zu erforschen? Sind sie aber nicht auch Zentrum und Mittel unseres kreativen und emotionalen Ausdruckes? Wir erfühlen damit unsere Umgebung, sie sind Ausdruck von Zärtlichkeit, können heilen, segnen, trösten, Gewalt anwenden. Unsere Handflächen zeigen wir selten. Meist verbergen sie sich in Geschäftigkeit, in Fäusten, verschränkten Armen, indem wir Beschäftigungen nachgehen, oder sie einfach in Taschen stecken. Meist nur in Momenten von sehr viel Nähe öffnen wir unsere Hände, und es hat viel mit Hingabe und Vertrauen zu tun – symbolisieren sie nicht letztlich auch Verletzlichkeit und Verwundbarkeit. Sie sind äußerst empfindsam, das Zentrum unseres Tastsinns, individuell und unvergleichlich. Fingerabdrücke dienen in der Kriminalistik der Identifikation eines Menschen. Anders als bei Gesichtsportraits gibt es für die Handflächen keine Maske, die abgelegt werden muss, um die wahre Persönlichkeit zu erkennen – so man darin zu lesen versteht.

Das Konzept

Menschen über Ihre Hände und – als deren unmittelbarer Ausdruck – über die Handschrift zu portraitieren erscheint mir überaus spannend. Es gibt keine Versteckspiele hinter der Mimik, und als Betrachter muss man sich schon sehr intensiv mit den Bildern, vielleicht sogar mit der Chiromantie und Graphologie auseinandersetzten, will man zu wahrem Einblick gelangen.

Es wird allein am persönlichen Einsatz des Betrachters liegen, ob und wie tief er eindringt in die Persönlichkeit des Portraitierten. Vordergründig wird man Hände von unterschiedlichen Persönlichkeiten sehen, für Experten der Chiromantie oder Graphologie eröffnen sich jedoch möglicherweiseweitaus differenziertere Einsichten. Dieser Spannungsbogen in der unterschiedlichen Tiefe der „Verwertbarkeit“ der Bilder hat für mich einen ganz besonderen Reiz.

Eine Idee sucht nach Verwirklichung, breitet mir eure Hände aus!

Inhaltliche Umsetzung

Die Umsetzung soll in dokumentarischer Form erfolgen. Hände, die ihre Innenflächen dem Betrachter entgegen halten, sowie ein handgeschriebener Text des (der) Portraitierten. Um einen möglichst spannenden Vergleich zu ermöglichen, werden unterschiedliche Menschen portraitiert: unterschiedlich im Alter, in den Berufen, im sozialen Status, usw.

Der handschriftliche Text der Portraitierten kann inhaltlich und formal frei gewählt werden, um der Individualität möglichst großen Raum zu geben. Die allgemeinen Informationen über die portraitierten Menschen werden sehr knapp gehalten sein: Name, Geburtsdatum, Beruf, eventuell noch Familienstatus – alles wird nur im Falle eines ausdrücklichen Einverständnisses veröffentlicht.

Formale Umsetzung

Um dieses Konzept formal umsetzten zu können, sollte ein klarer Vergleich der verschiedenen Handinnenflächen mit ihren Furchen, Linien, Wölbungen und Farbschattierungen möglich sein. Das verlangt einerseits nach einer möglichst wirklichkeitsnahen, informativen Fotografie, andererseits kann eine etwas freiere Form auch Persönlichkeitsmerkmale mit einfließen lassen, die durchaus willkommen sind – wie z.B. die Art, die Hände zu zeigen. So könnten sie einerseits locker in den Schoß gelegt, andererseits aber auch wie ein abwehrendes Schild vor das Gesicht gehalten werden.

Es wird angestrebt, eine informative, aber auch ästhetisch interessante Form zu finden. Ein wichtiges Kriterium sollte die klare Erkennbarkeit der Handflächen sein. Hintergrund und Finger können durchaus in optischer Unschärfe formal zurücktreten.

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Die Darstellung der Schrift-Proben lebt von deren formalen Inhalten und wird fotografisch rein informativ umgesetzt.

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Die Ergebnisse werden auf dieser Website veröffentlicht, bzw. in Buchform erscheinen. Das Projekt lebt auch vom Feedback. Sei es, jemand möchte seine Kenntnisse in der Handlesekunst einbringen, oder selbst gerne portraitiert werden – ich freue mich über Rückmeldungen jeglicher Art, sofern sie das Thema betreffen und in wertschätzender Form erfolgen. Vielen Dank im Voraus, allen, die sich beteiligen möchten.

Christa Romana Scharf

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