Die Sorge um sich selbst

Manches fügt sich ganz sonderbar. Vor einer Woche habe ich mir in der Bücherwühlkiste des Ordensklinikums einen 1€ – Roman über die Lebensgeschichte einer tibetischen Nonne gekauft (Olivedi, Ulli, Wie in einem Traum, München 2003), der gleichzeitig eine sanfte Einführung in den Tibetischen Buddhismus darstellen soll. Wie auch immer, er ist flüssig geschrieben und ich finde Sätze darin, die mich persönlich berühren, wie z. B.: „Ich wollte immer stark sein. Vielleicht war das meine größte Schwäche.“

Darin erkenne ich mich wieder, vor allem jetzt, wo ich vor schwierigen Entscheidungen stehe und mir gestern mein Onkologe in zeitintensiver und sehr einfühlsamer Weise (danke nochmal dafür!) den Spiegel meiner inneren Zustände vorgehalten hat.

Immer wieder höre ich von vielen Seiten: „Du musst kämpfen! Nicht aufgeben!“ Nun stelle ich mir die Frage: was bedeutet das denn in meinem Fall? Heißt kämpfen Behandlungen ertragen? Brav sein und alle Ratschläge befolgen? Und was bedeutet aufgeben? Was gibt man denn auf? Sich selbst? Hoffnungen? Illusionen? Ist Aufgabe nicht in gewisser Form Hingabe? Sollte es nicht eher heißen: „Du sollst dich dem Leben hingeben!“?
„Noch nicht tot. Noch leben!“ wie Herr Ho etwas weniger einfühlsam sagt, wenn er meine Zweifel und Grübeleien am Puls spürt. Ein Leben im Augenblick, ohne die ständige Sorge um sich selbst (In Anlehnung an die gleichnamigen philosophischen Betrachtungen Martin Heideggers)
Ich merke, dass es um viel mehr geht, als um die Krebserkrankung. Es geht um die grundlegende Lebenseinstellung, die zu überdenken ist. Die Sorge um sich selbst nähren, oder doch die Blickrichtung verändern? Auch wenn sie viellicht in eine gewisse Leere führt, die man auch nicht so leicht erträgt? Schwere Gedanken, die mich aber überraschender Weise viel Kraft spüren lassen, die es wohl zu befreien gilt.

Der Buddhismus ist mir wieder sehr nahe gekommen. „Alles ist leidvoll.“ Das Leid, das überwunden werden soll – vor allem wie – ist für uns meist schwer verständlich. Ein Übersetzungsfehler, wie der von mir überaus geschätzte Religionswissenschaftler Michael von Brück meint. Er erklärt es hier in einem kurzen Ausschnitt aus einem 3sat-„Sternstunden“-Gespräch über Buddhistische Philosophie. Die ca. 7 Minuten geben besser Einblick, als ich es jetzt hier beschreiben könnte:

„Alles ist Frustration“

Leider habe ich seine Vorlesungen über die Philosophie des Yoga im Wintersemester 17/18, auf die ich mich so unendlich gefreut hatte, durch meine Krankheit versäumt. 

5 Gedanken zu „Die Sorge um sich selbst

  1. Daniela frank

    Liebe christa, hab dir vor längerer Zeit ein “ vielen Dank für dich “ Mail gesendet, weiss nicht ob es dich erreichte. Kurzum – mir fällt dazu spontan joh 12,24 .. eine tiefe wahrheit, die uns, wenn wir es zulassen, segensreich ist und mehr zum Leben bringt als wir es je erdenken könnten. der verstand ist uns in vieler Hinsicht ein echter blockierer. finde HR Ho Meldung sehr gut. Alles erdenklich liebe und herzliche Grüße – daniela. *Drück dich*

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    1. Christa Beitragsautor

      Liebe Daniela, ich muss mich gleich einmal entschuldigen! Dein Mail hat mich erreicht, und ich danke dir recht herzlich dafür. Leider habe ich die Antwort zu lange aufgeschoben und irgendwie entgleitet mir dann die Zeit. Ich hoffe du verzeihst! Danke für deine lieben Grüße!

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      1. Daniela frank

        Liebe Christa, uns alle entgleitet von Zeit zu Zeit die Zeit. Es gibt nix zu entschuldigen und nix zu verzeihen. Es gibt jemanden, er kommt nie zu spät. Mächtig im kampf. Er hält uns (sinnbildlich gemeint) liebevoll seine hand vor unsere Stirn und wir laufen wie auf einem Laufband schwitzt, meinen es geht voran, aber doch nicht….unsere chance! Abschließend:

        https://youtu.be/TvKevCD-b-0

        Gute Nacht 🙂

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